9 Meister ist eine Hommage an die kulturelle und religiöse Vielfalt Berlins Anfang des 21. Jahrhunderts. Neun repräsentative Vertreter aus neun historisch gewachsenen Religionen der Welt, alle in der Stadt ansässig, äußern sich zu grundlegenden Fragen des menschlichen Geistes und der menschlichen Existenz. Bilder und Musik aus der liturgischen Praxis der verschiedenen Glaubensgemeinden begleiten die Antworten der Protagonisten. 9 Meister enthält die Essenz aus über 150 Stunden abgedrehtem Filmmaterial. Aus neun unterschiedlichen Blickwinkeln entstand ein Dokument des religiösen Lebens in der Metropole. Im Kaleidoskop der Glaubensinhalte, philosophischen Werte und Lebensweisen unterschiedlicher Menschen und Kulturen der großen Stadt entstand ein Film, welcher letztlich nur einen einzigen Protagonisten kennt: den Menschen als solchen.
Der Film hegt nicht den Anspruch die verschiedenen Meister und die ihnen zugehörenden Religionen vollständig darzustellen; auch nicht, ihre Dogmen und Lehrsätze nach Art eines Lehrbuchs zu erörtern. Er soll vielmehr einen repräsentativen Querschnitt der “Angebote” der Religionen Berlins vorstellen und eine fruchtbare Auseinandersetzung mit der kulturellen wie auch ästhetischen, philosophischen, ethnischen, ethischen und gesellschaftlichen Vielfalt der Stadt befördern. Aus der religiösen Heterogenität, welche Berlin Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts glücklicher Weise wieder zu bieten hat, wurden nach subjektiven Kriterien neun Gemeinden und deren Repräsentanten ausgewählt. Dank der entgegenkommenden und großzügigen Teilnahme aller Protagonisten, Ihrer geduldigen Zusammenarbeit, Dank der Hilfestellung und Gastfreundschaft der Gemeindemitglieder, konnte dieser Film entstehen.
Das Material für diese Dokumentation wurde zwischen 2010 und 2015 in Berlin aufgenommen, einer Stadt, die nach einer Phase der bürgerlich-emanzipatorischen Säkularisierung im Schatten der fatalen Vergangenheit der Nazijahre und des religionsfeindlichen Regimes der DDR heute mehr denn je als säkular, sogar als “Hauptstadt des Atheismus” gilt. Gleichzeitig ist Berlin aber auch einer der Orte Europas in welchen die größte religiöse Vielfalt aufeinandertrifft. Migration, Globalisierung, Kulturaustausch haben Weltmetropolen wie die deutsche Hauptstadt in den letzten Jahrzehnten zu einem kosmopolitischen und multiethnischen Schmelztiegel gemacht.
9 Meister ist ein Dokumentarfilm, der Versuch einer unvoreingenommen Annäherung an neun unterschiedliche Religionen (Judentum, Hinduismus, Thai-Buddhismus, Römisch-Katholische Kirche, Russisch-Orthodoxe Kirche, Islam, Evangelische Kirche, Zen-Buddhismus, Candomblé) und neun ihrer Vertreter: Priester, Mönche, Gurus, Meister, Imame, Rabbis und Nonnen u.a., die für das Wohl der Suchenden und Gläubigen wirken, für den Zusammenhalt ihrer Gemeinde, für den Bestand und die Weiterentwicklung der eigenen Tradition. Sie bieten ein spirituelles Fundament und eine kulturelle Identität, repräsentieren in ihrem Amt und ihrer Funktion den Glauben, dem sie angehören, dessen Philosophie.
Warum braucht der Mensch Religion? Was treibt ihn dazu sich in die Lehren, Regeln und Pflichten einer Weltanschauung unterzuordnen? Geschieht dies aus einem natürlichen, womöglich gottgegebenen Drang der persönlichen Entwicklung heraus? Aus Gründen der familiären Bindung, aus Tradition oder Gewohnheit? Braucht der Mensch Religion, um die Konflikte und Schwierigkeiten des menschlichen Lebens besser zu bewältigen? Klare Regeln, Verhaltensweisen und Wertmaßstäbe, um sich besser zu orientieren? Eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, um sich zurechtzufinden? Braucht der Mensch überhaupt Religion? Ist Gott nicht tot? Ist Denken nicht besser als Glauben?
Religion. Der Begriff ruft in der öffentlichen Diskussion anfangs des 21. Jahrhunderts unterschiedlichste Assoziationen, entgegengesetzte Reaktionen und Statements hervor, die von absoluter Hingabe bis hin zu schärfsten Kritik und Ablehnung reichen. In unseren Medien wird das Thema oft im Zusammenhang mit aktuellen, sozialen, politischen, ökonomischen oder gar militärischen Aspekten behandelt, und nicht selten geht es dabei um Konflikte zwischen den Religionen selbst. Die eigentlichen Lehren und Grundsätze der unterschiedlichen Glaubensformen, ihre Vielfalt und Andersartigkeit einerseits, mögliche Schnittpunkte und Gemeinsamkeiten andererseits, erhalten hingegen weitaus weniger Aufmerksamkeit und gehen im Diskurs oft unter.
Und dennoch, ob man dafür oder dagegen ist, als archetypisches, kulturelles und psychisches Phänomen, bildet Religion die Basis unserer Gemeinschaft, jeglicher Gemeinschaft, das intime Gerüst unseres kollektiven Unterbewusstseins. Glaubensinhalte prägen den Menschen -sie strahlen aus auf seine Herkunft, Erziehung, Sozialisierung und Weltanschauung- und machen ihn seinem Nächsten ähnlich oder ungleich.
9 Meister ist ein vorurteilsloses und neugieriges Eintauchen in neun unterschiedliche Gemeinden, Welten und Kulturen, die Seite an Seite wenige Kilometer von einander entfernt leben. Hinter unserem Projekt steht der wohl entscheidende interreligiöse Gedanke: Dialogbereitschaft, die Fähigkeit zuzuhören, Respekt, Frieden und gegenseitiges Lernen, aber auch das Erkennen der Unterschiede und die Wahrung der eigenen Identität sind die Basis eines harmonischen und gerechten Zusammenlebens. Abseits von Bekehrungswünschen, Hegemonieansprüchen, Wahrheitsforderungen und Besserwisserei, machen Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen sich Gedanken über Religion, Gott, das Leben und den Tod.
Der Film beschränkt sich nicht auf eine philosophisch-theoretische Reflexion, die fern von jeglicher gelebter Realität bleibt: Bilder aus der Liturgie und Praxis der Gemeinden unterstreichen die Antworten der Protagonisten und vermitteln einen konkreten Bezug zu den besprochenen Themen. Stadt- und Straßenaufnahmen Berlins, als geographischer und kultureller Behälter dieser Schicksale, veranschaulichen den Zusammenhang zur materiellen Welt. So entsteht eine zweite Erzählungsebene und zugleich ein dramaturgischer Rahmen für die Interviews. Darüber hinaus präsentiert der Film ein reiches Angebot an liturgischer Musik, die in fast allen Traditionen des Glaubens von grundsätzlicher Bedeutung ist.
Das friedliche Zusammenleben zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturen ist auf unserem Planeten noch nie eine Selbstverständlichkeit gewesen. Überwältigung, Spannungen, Unruhen, Intoleranz, Rassismus und Gewalt, das Spiel mit der Macht und der Krieg prägen historisch die Vorstellungen vom Aufeinandertreffen mit dem Fremden. Heutzutage verändert sich zudem die Welt auf verwirrende Weise und mit scheinbar exponentieller Geschwindigkeit. Anfang des 21. Jahrhunderts ist unser Planet so klein geworden wie noch nie. Im Zeitalter der Digitalisierung, der geopolitischen und wirtschaftlichen Globalisierung reisen Menschen, Waren und Informationen mit immer schnellerer Geschwindigkeit durch Grenzen, über Staaten und Kontinente.
Metropolen von unterschiedlichster terrestrischer Bannkraft auf allen Erdteilen entwickelten sich zu Schmelztiegeln der verschiedenen Kulturen und Identitäten. So wirft dieser von uns so intensiv gefühlte Moment einer akzelerierten globalen Vernetzung Schlaglichter auf unsere Vergangenheit – auch und besonders auf die Vergangenheit unserer religiösen Mentalität, unseres Daseins als materiell-spirituelle Wesen. Denn Religionen mussten über das individuelle Heil hinaus schon immer Antworten finden auf das Zusammentreffen der Kulturen und effektive Angebote unterbreiten zum geistigen und seelischen Austausch zwischen den Menschen unterschiedlicher Herkunft.
Vielfältig sind die Faktoren, die die religiöse Identität des Einzelnen prägen – individualgeschichtlich, sprachlich, soziokulturell (u.a.). Sie charakterisieren die Eigenheiten der Menschen wie auch ihre Beziehungen zueinander. Im nativen Umfeld gelten die gängigen zu erwartenden Identitätsmerkmale für den Einzelnen als „normal“, zumeist von einer Mehrheit getragen, gesellschaftlich akzeptiert, gemeinschaftlich praktiziert. In der Migration aber, wo sämtliche identitätsstiftenden Zusammenhänge im Spannungsverhältnis zwischen Anpassung und Bewahrung eine drastische Änderung durchlaufen müssen, erscheint der Einzelne umgepflanzt wie ein Baum, plötzlich neuem Boden und unbekanntem Klima ausgesetzt. Im Glücksfall im Kreis seiner mitverpflanzten Familie oder anderer Schicksalsgenossen, im Unglücksfall allein – in jedem einzelnen Fall eine existentielle Herausforderung, die bewältigt werden will und muss.
Produktionsland: Deutschland
Sprache: Deutsch, Englisch, Russisch,Thailändisch (deutsche und englische UT)
Produktionsjahr: 2011 bis 2017
Drehort: Berlin
Länge: 111 Minuten
Buch, Regie und Produktion: Fabio Dondero
Co-Regie: Bernd Sandner
Kamera: Christoph Kube
Zweite Kamera: Fabio Dondero
Weitere Kamera: Bernd Sander, Gunar Otto, Anastasya Peganova
Ton: Gunar Otto, Felix Rakovsky, Christoph Kube, Bernd Sandner
Schnitt: Fabio Dondero
Schnittassistenz: Alexandra Goloborodko, Antonio Paucar, Chiara Somajni
Farbkorrektur: Pirates’n Paradise Berlin, Catherine Weber
www.piratesnparadise.de
Johannn Sebastian Bach
“Bereitet die Wege, bereitet die Bahn!”, BWV 132
Heinrich Schütz
“O lieber Herre Gotte”, SWV 381 aus “Geistliche Chormusik” 1648
Sopran: Christina Roterberg
Bass: Jörg Gottschick
Orgelpositiv: Christian Schlicke
Orgel: Helmut Hoeft
Bach-Chor an der Kaiser Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
und Bach-Collegium Berlin
Leitung: Achim Zimmermann
“Mittagsgebet”
Chor des Karmel Regina Martyrum
Liturgische Gesänge
Kantor: Isaak Sheffer
Chor und Musiker der Synagoge Pestalozzistrasse
Bhajan Concert
Swami Mangalananda
Swami Gurusharananda
Chor der Russisch-Orthodoxen Christi-Auferstehungskathedrale Berlin
Sufi Lieder
Sänger und Musiker des Haus der Weisheit e.V.
Ile Obá Sileke
Musiker und Sänger des Candomblé Tempels
für die Unterstützung an:
Karin Dondero, Nils Cornelissen, Imke Wangerin, Alexandra Goloborodko, Karsten Waldes, Kai Laufen, Vlado Baldasar, Liane Chamsai, Kilian Bartikovski, Jürgen Kisch, Tania Inowlocki, Claudio Bohorquez, Alexander Filyuta, Barbara Klinker, David und Anna Nauer, Biljana Djurdjevic, Nir Evron, Aharon Ozery, Chiara Somajni, Friederike Hechler, Maria Polushkina, Anastasya Peganova, Yann Bongiovanni, Daniel Flores, Stu, Violeta Lopiz, Antonio Paucar, Vladimir Speransky, Sophie Decker, Maria Magdalena Wiesmaier, Hayden Chsiholm, Riccardo Valsecchi, Tina Roj, Dominik Breider, Tobias Breider, Julian Karaguesian, Tuk, Fabio Romano, Vilwanathan Krishnamurty, Hanumaiah Vaidyanathan, Dr. Vivek Lugani, Viney Lugani, Zen Meister Grazyna Perl, Adam Perl, Nicholas Perl, Mathew Perl, DM Namhee Chon, Zen Meister Roland Wöhrle-Chon, DM Arno Schäfer, Michael Wilz, DM Jo Potter, Elisabeth Illgen, Silke Plener, Wilfried Rahn, Jörg Gottschick, Christina Roterberg, Acharya Mangalananda, Dorothea Wagner, Noemi Hampel, Lars Brooksiek, Wolf-Dietrich Patermann, Susanne Völz u.v.m.
Gib dein Suchwort ein und drücke Enter.