Er wollte nie zu einem Abschluss kommen, blieb stets in einem Zwischenraum stecken. Er wollte die Erinnerung vergessen, die Zukunft verdrängen. Er lebte in einem Konus, besser gesagt: dazwischen, und bewegte sich als Strahl durch sämtliche Landschaften der Gegenwart. Er aß, was ihm serviert wurde, und spielte seine Rolle, so gut er konnte.
Durchaus hätte man sagen können: Jawohl, das ist einer, den nehmen wir uns vor!
Man hat ihn am Oberfämel gefunden, unterm Lindenbaum.
In der Gegend also, wo man ihm am meisten gehasst hat. Wo jeder Zweite ihm an die Gurgel wollte und wo selbst Kinder wütend auf ihn waren.
Er saß unterm Lindenbaum in einem Stuhl, die Beine waren leblos auf der Wiese ausgestreckt.
Kein Zweifel, er ist durch das Fleental gekommen. Das ist die einzige Strasse hierher, da gibt es sonst nichts. Er muss also die Leute gesehen haben, die für ihn nur noch Verachtung empfinden, kaltes Desinteresse, Leute, dessen Mitleid völlig ausgetrocknet ist.
Er wollte dazwischen gehören, nicht dazu. Er verabscheute die Verantwortung, die Pflicht. Er lebte sein gesamtes Sein in einer halben Stunde. 30 Minuten, nicht mehr, nicht weniger.
Durchaus hätte man sagen können: Na klar doch, das ist unser Mann, auf den setzen wir!
Er lag starr und reglos in seinem Stuhl, sein Hemd war rot verschmiert.
Die Landschaft um ihm herum, umwerfend. Der Oberfämel bietet den höchsten Punkt in der Region an. Man kann in allen vier Windrichtungen weit hinaus den Horizont betrachten, Gebirgsketten und Täler bewundern, Wälder und Flüsse erkennen.
Man kann Kriamon sehen, die Stadt, wo man ihn geliebt hat. Wo jeder Zweite seine Sonntage mit ihm hätte verbringen wollen, beispielsweise bei einem gemeinsamen Abendessen.
Auf dem Kopf trug er einen weissen Hut, in seiner Hand war ein Messer. Seine Augen waren geschlossen, und der Wind wühlte sanft sein graues Haar auf.
Durchaus hätte man sagen können: Hut ab! So liegt er nun dort, das Fleental hinter sich, am Oberfämel, unterm Lindenbaum, Gebirgsketten, Täler, die Stadt Kriamon.
Da liegt er.
Er wollte nichts haben was einzigartig war, wollte nur das, was in einer halben Stunde passt. Sein Bestreben beschränkte sich darauf: die letzten fünfzehn Minuten, die nächsten. Mehr nicht, aber weniger, auch nicht.
Im Nebel, südlich hinter Kriamon, der Pilutiasee. Dort, hat man ihn begehrt, mit allen Sinnen. Jede zweite war scharf auf ihn und hätte gerne in seinen Armen Nächte tosender Leidenschaft erlebt.
In den Konus, dazwischen, wirbelte er mit seinen Knochen herum. Seine Wahrnehmung bestand aus einer Spur, die langsam und gemächlich sich im Raum verbreitete, ein schimmender Rauch, schwebend, seine Bewegungen folgend.
Durchaus hätte man sagen können: Ach, was kümmert uns das?! Wer sollte sich denn bitte an ihn erinnern?
Man hat ihm am Oberfämel gefunden, er hatte gerade Erdbereen gegessen und hatte wie immer gekleckert. Der anstrengende Nachmittag und das Hinaufgehen auf dem Oberfämel hatten ihn ermüdet. Er schlief friedlich und zufrieden: eine halbe Stunde lang.